Dr. Malte Krüger, Leitender Sportwissenschaftler in der Direktion Medizin bei Bayer 04 Leverkusen

„Die richtige Form von Sport macht gesund!“

Leistungsdiagnostik

und Co. erklärt

Man sagt, nur wer Körper und Geist gleichermaßen fit hält, kann seine Ziele erreichen. Das gilt vor allem für den Profi- und Leistungssport. Dr. Malte Krüger, Leitender Sportwissenschaftler in der Direktion Medizin bei Bayer 04 Leverkusen, klärt über die Leistungsdiagnostik bei Bayer 04 auf und gibt wertvolle Tipps für einen gesunden und kraftvollen Alltag für Jedermann.

Herr Dr. Krüger, was sind Ihre Aufgaben bei Bayer 04 Leverkusen?

Dr. Malte Krüger: Meine Hauptaufgabe bei Bayer 04 ist die Leistungsdiagnostik unserer Mannschaft. D.h. mein Team und ich erfassen und werten die  Leistungs- und Belastungsdaten unserer Spieler bei jedem Training aus. Neben der Leistungsdiagnostik ist es meine Aufgabe neuen Input von außen heranzutragen: Welche neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse und Studien gibt es für das tägliche Training? Wie kann die Belastung, aber auch die Regeneration, besser gesteuert werden? Das sind Fragen, die neben der täglichen Arbeit eine wichtige Rolle spielen.

Sie sprachen gerade von der Leistungsdiagnostik. Können Sie uns sagen, warum diese durchgeführt wird und was sie beinhaltet?

Dr. Krüger: Im Fußball gibt es typische Bewegungsmuster. Beispielweise Läufe mit variierender Geschwindigkeit, Beschleunigungen und Abstoppbewegungen, Sprints, Sprünge sowie Richtungswechsel. Hinzukommen intensive Aktionen, wie Läufe oberhalb einer definierten Geschwindigkeitsschwelle und Sprints. Über den Verlauf eines Spiels werden damit verschiedene Ausprägungen von Ausdauer, Kraft und Schnelligkeit beansprucht. Die Leistungsdiagnostik ist dafür da diese physischen Leistungsfähigkeiten eines einzelnen Spielers und der kompletten Mannschaft mithilfe von standardisierten Testverfahren zu überprüfen. Hieraus wird dann ein Stärken-Schwächen-Profil erstellt, das in ein abgestimmtes individuelles Trainingsprogramm mündet. Ebenso wird die Leistungsdiagnostik bei Verletzungen eingesetzt, um den Rehabilitationsprozess zu dokumentieren und abzuschätzen, wann ein Spieler wieder bereit ist, am Mannschaftstraining teilzunehmen. Die Diagnostik hilft allerdings auch dabei, Verletzungen erst gar nicht entstehen zu lassen. Stellen wir fest, dass einzelne Muskelgruppen zu schwach sind,  muss der Spieler diese Muskelgruppe individuell behandeln und stärken, um keine potentielle Verletzung zu riskieren. Er erhält dann neben dem normalen Trainingsplan einen Präventionsplan, um die muskulären Dysbalancen aufzuholen.

Wann und wie oft wird eine Leistungsdiagnostik durchgeführt?

Dr. Krüger: Im Schnitt werden solche Tests vier- bis fünfmal pro Jahr durchgeführt. Der erste Testzeitpunkt ist vor Beginn der Sommervorbereitung und dient zur Feststellung des Ausgangsniveaus. Während der Saisonvorbereitung folgt ein auf die Stärken und Schwächen der einzelnen Spieler abgestimmtes Athletiktraining. Ob die zuvor gesetzten Ziele erreicht wurden, wird in der Regel zu Beginn der Vorrunde mittels derselben Testverfahren überprüft. Analog dazu finden der dritte und der vierte Testzeitpunkt zum Start der Vorbereitung nach der Winterpause bzw. zu Rückrundenbeginn statt. Optional wird das Leistungsvermögen der Spieler nochmals zu Saisonende überprüft. Je nach Ergebnis geben wir diesem Spieler dann individuelle „Hausaufgaben“ bis zum Beginn der Sommervorbereitung an die Hand. Man muss allerdings auch unterscheiden, wie alt der jeweilige Spieler ist und welche Verletzungshistorie er mitbringt. Ältere Spieler unterliegen anderen Kriterien als jüngere. Bei älteren Spielern liegt der Fokus mehr auf der Regeneration. Jüngere Spieler werden darin gestärkt ihre maximale körperliche Leistung abzurufen bzw. auszubauen. Die Position der Spieler ist ebenfalls entscheidend. Beispielsweise hat ein Innenverteidiger im Spiel eine andere Belastung als ein Flügelstürmer.

Was geschieht, wenn ein Spieler durchfällt?

Dr. Krüger: Dann fliegt Derjenige unweigerlich aus der Mannschaft (lacht). Nein, „durchfallen“ ist eigentlich in der Form nicht möglich. Die Leistungsdiagnostik dient eher als  Hilfe für das eigene Entwicklungspotential. Wir sind bestrebt, dass unsere Spieler immer besser werden, nicht nur im Fußballerischen, sondern auch in ihrer Leistungs- und Belastungskapazität.

Wie werden die Daten ausgewertet?

Dr. Krüger: In einfachen Worten ausgedrückt: Jeder Spieler hat seine eigene „Kartei“. Da sind alle Daten abgespeichert, wie z.B. die maximale Sauerstoffaufnahme, Kraft-Zeit-Kurven, Verletzungen und Trainingsdaten. Diese Daten werden dann aufbereitet und je nach Anforderung oder Vergleichbarkeit herangezogen. Das ist schon eine Welt für sich und man muss Zahlen wirklich mögen (lacht).

Das glaube ich Ihnen sofort. Kommen wir mal vom Profisport zum Hobbysport: Laufen ist für viele Menschen die einfachste und beliebteste Art, selbst sportlich aktiv zu sein. Unterscheidet sich die Leistungsdiagnostik für einen ambitionierten Freizeitläufer von der, die Sie bei einem Fußballprofi vornehmen?

Dr. Krüger: Prinzipiell ist für sowohl für Fußballprofis als auch ambitionierte Freizeitsportler die Spiroergometrie als Leistungsdiagnostik gleichermaßen geeignet. Lediglich das Belastungsprotokoll, wie Einstiegsgeschwindigkeit, Geschwindigkeitserhöhung pro Belastungsstufe, sollte dem Fitnesszustand angepasst werden. Als Auswertung können individuelle Trainingsbereiche anhand von Geschwindigkeits- und Herzfrequenzbereichen bestimmt werden, mit Hilfe dessen das Training je nach Zielstellung gesteuert und analysiert werden kann. Die Gewichtung einzelner Parameter ist abhängig von der Zielstellung. So mag zum Beispiel die maximale Sauerstoffaufnahme für den Profisportler sehr wichtig sein, während für den Hobbysportler die Laufgeschwindigkeit bei der er am meisten Fett verbrennt eine größere Bedeutung für das Training hat. Für beide Gruppen gilt, dass regelmäßige Wiederholungen der Spiroergometrie Sinn machen, um die Entwicklung der Leistungsfähigkeit zu beurteilen und Trainingsbereiche ggf. anzupassen.

Bewegung ist ein gutes Stichwort. Es ist kein Geheimnis, dass Bewegung die eigene Gesundheit fördert. Es ist aber auch kein Geheimnis, dass wir uns im Bundesdurchschnitt zu wenig bewegen. Haben Sie denn für unsere Versicherten Tipps wie man sich im Alltag mehr bewegt?

Dr. Krüger: Mangelnde Bewegung ist tatsächlich ein Grund für potentielle Erkrankungen. Mit einem täglichen Spaziergang von 20-30 Minuten erreicht man schon eine Menge. Nehmen Sie im Alltag, wenn körperlich möglich, lieber die Treppen anstatt den Aufzug oder setzen Sie sich für kleine Einkäufe lieber auf das Fahrrad als ins Auto. Doch nur mit Bewegung allein ist es allerdings nicht getan. Sich gesund und ausgewogen zu ernähren (Anmerk. d. Redaktion: siehe das Interview mit Alexander Wagner, Koch von Bayer 04 Leverkusen) und ausreichend zu schlafen, sind mindestens genauso wichtig. Wenn man das alles in Einklang bringen kann, hat man schon viel gewonnen.

Herr Dr. Krüger, ich danke Ihnen für das Interview.

Das Interview führte Michael Ganter von der BERGISCHEN Krankenkasse.

Portrait von Dr. Malte Krüger

Dr. Malte Krüger

  • 38 Jahre, aus Wuppertal
  • verheiratet, zwei Kinder
  • Studium und Promotion an der Deutschen Sporthochschule Köln
  • seit 1. Januar 2019 bei Bayer 04 Leverkusen
  • als Leitender Sportwissenschaftler in der Direktion Medizin unter Dr. Karl-Heinrich Dittmar

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